Heute fahren etwa 1,3 Milliarden Fahrzeuge auf den Straßen weltweit. Diese Fahrzeuge werden von uns Menschen gelenkt. Das menschliche „Sensor-Set” besteht aus mehreren Sinnen, wovon unsere Augen und Ohren die wichtigsten für das Fahren sind. Mit unseren Augen versuchen wir, einen 360°-Blick rund um das Fahrzeug zu erlangen – auf kurze und lange Distanz. Um diese 360° zu erreichen, werden wir von drei Spiegeln unterstützt: zwei Seitenspiegeln und einem Rückspiegel. Alle von unserem “Sensor-Set” erfassten Informationen werden anschließend in der zentralen Verarbeitungseinheit – unserem Gehirn – verarbeitet und mit unserer Fahrerfahrung sowie den uns bekannten Verkehrsregeln zusammengebracht. Auf Basis dieser Informationen sind wir in der Lage tonnenschwere Fahrzeuge mit unterschiedlicher Geschwindigkeit und in den verschiedensten Szenarien erfolgreich zu steuern. Zudem hat die Automobilindustrie einige Fahrerassistenzsysteme entwickelt, die das Fahren einfacher, sicherer und bequemer machen, wie beispielsweise Tempomat, Spurhalteassistent oder Notbremsfunktionen.
Betrachten wir dieses heutige „Sensor-Set“ bestehend aus einem Paar menschlicher Augen und drei Spiegeln, sind uns die Schwächen, wie tote Winkel, Reaktionszeiten und Unaufmerksamkeit dieses Systems durchaus bewusst. Solange Menschen Fahrzeuge steuern bleibt ein Restrisiko bestehen, was von der Gesellschaft akzeptiert wird. In Zahlen ausgedrückt, summiert sich dieses Restrisiko alleine in Deutschland auf mehr als 2.600.000 Unfälle im Jahr, wovon 300.000 mit Personenschaden sind.
Ziel: Das menschliche “Sensor-Set” imitieren
Um autonome Fahrzeuge auf die Straße zu bringen, bildet die Automobilindustrie die menschlichen Fahrer:innen und ihr Sensor-Set mit verschiedenen maschinellen Sensoren nach. Diese umfassen in erster Linie Radar, Kamera, LiDAR und in gewissem Umfang Mikrofone, Ultraschall und weitere Technologien. Um eine 360°-Erfassung des Fahrzeugs sowie eine Nah- und Fernsicht zu erreichen, werden mehrere Sensoren unterschiedlicher Art benötigt. Als Faustregel gehen die Experten von 30-40 Sensoren pro Fahrzeug aus. Darüber hinaus müssen alle erfassten Informationen verarbeitet und mit hochauflösenden Karten zusammengeführt werden. Dafür ist ein leistungsstarkes Computersystem erforderlich das die riesigen Datenströme der Sensoren „verdaut“ und Entscheidungen im Millisekunden Bereich trifft. Es ist unbestritten, dass maschinelle Sensoren die Umwelt viel besser erfassen können als ein einzelner Mensch, aber die korrekte Interpretation der Daten und das Ergreifen der richtigen Maßnahmen ist nach wie vor eine große Herausforderung.
Schaut man auf das heutige Design von autonomen Testfahrzeugen, so haben sie alle möglichen Befestigungen an den Fahrzeugseiten oder auf dem Dach. Sie erfüllen die Anforderungen für Testzwecke und ermöglichen die Positionierung der Sensoren genau dort, wo sie für eine 360°-Abdeckung im Nah- und Fernbereich benötigt werden. Aber diese Aufbauten sind nicht massentauglich. Neben der Leistung, den Kosten und der Software gibt es noch einige Herausforderungen, die es zu meistern gilt.
Gefährdete Verkehrsteilnehmende müssen geschützt werden
Sicherheit ist ein viel diskutiertes Thema, wenn es um autonome Fahrzeuge geht. Natürlich ist es essentiell, dass das Fahrzeug selbst sicher navigiert, aber es ist auch wichtig, einen Blick darauf zu werfen, wie die Verkehrsteilnehmenden außerhalb der automatisierten Fahrfunktionen geschützt werden können. NCAP (New Car Assessment Program) ist der heutige Maßstab dafür, wie gut ein Fahrzeug seine Insassen und die Verkehrsteilnehmenden schützt. Würde man die heutigen Testfahrzeuge einem NCAP-Test unterziehen, würden sie höchstwahrscheinlich sehr niedrige Bewertungen erhalten, denn auch wenn autonome Fahrzeuge sicherer sind als von Menschen gesteuerte Fahrzeuge, passieren dennoch nach wie vor Unfälle. Und aktuell erhöht die große Anzahl von Sensoren, die aus dem Fahrzeug herausragen, massiv die Gefahr von Körperverletzungen, insbesondere für ungeschützte Verkehrsteilnehmende, seien es Fußgänger:innen, Radfahrende oder Motorradfahrende.
Die nächste Herausforderung sind die Umweltbedingungen wie Regen, Nebel, Schnee, Eis, Insekten oder Staub. Die Sensoren in autonomen Fahrzeugen müssen jederzeit funktionieren, daher sind Heizungen und Reinigung ein zentrales Thema. Demnach müssen die Sensoren Teil der Gesamtkonstruktion des Fahrzeugs sein, einschließlich z. B. Leitungen für Reinigungsflüssigkeiten, um einen zuverlässigen Betrieb zu gewährleisten.
Stromverbrauch ist ein wichtiger Faktor
Die Automobilindustrie kämpft um jeden Kilometer Reichweite bei Elektrofahrzeugen und um jedes Gramm CO2 bei Fahrzeugen, die mit fossilen Brennstoffen betriebenen werden. Ein autonomes Fahrzeug hat 30-40 Sensoren, von denen jeder zwischen 2-25 W verbraucht, plus eine oder mehrere zusätzliche Verarbeitungseinheiten. Dies entspricht einem zusätzlichen Stromverbrauch von ~1300 W und würde im Idealfall ~35 g CO2 / km bei einem Verbrennungsmotor und ~11 g CO2 / km bei einem Elektrofahrzeug (basierend auf dem WLTP-Zyklus) verursachen. Bei dieser Schätzung sind zusätzlicher Luftwiderstand und Gewicht noch nicht berücksichtigt. Der Luftwiderstand wird bereits bei 80 km/h zu einem ernsthaften Problem für den Stromverbrauch. Zwei Dinge sind also ganz klar: Die Automobilindustrie muss erstens elektrifizieren, bevor sie automatisiert, um den zusätzlichen CO2-Fußabdruck zu kompensieren. Und zweitens ist es für die Einführung von autonomen Elektro-Fahrzeugen unerlässlich das Sensor-Set aus aerodynamischen Gründen vollständig in das Fahrzeugdesign zu integrieren, um den Luftwiderstand zu minimieren und den Stromverbrauch nicht unnötig zu erhöhen.
Design ist ein wichtiges Kaufargument
Neben der Sicherheit und dem Stromverbrauch spielen auch die Designmerkmale und der Stil des Fahrzeugs eine große Rolle. Ein Premiumfahrzeug bei dem alle möglichen Sensoren aus der Karosserie ragen wäre zum Beispiel völlig undenkbar. Auch das Thema Vandalismus und Diebstahl spielt eine wichtige Rolle. Aktuelle Testfahrzeuge sind leider oftmals das Ziel von Vandalismus und da einige Sensoren sehr teuer und wichtig für die Sicherheit sind, ist es essentiell, diese vor Beschädigung oder Diebstahl zu schützen.
Die Lösung: Nahtlose Integration des Sensor-Sets
All diese Herausforderungen – Sicherheitsanforderungen, Stromverbrauch und Designfaktoren – können durch die nahtlose Integration des Sensor-Sets in das Fahrzeug bewältigt werden. Dabei kann die Platzierung von Scheinwerfern, Dach, Kühlergrill, Stoßfängern bis hin zu Seitenspiegeln und A-, B- oder C-Säulen variieren, um eine 360°-Rundumsicht um das Fahrzeug zu erreichen.
Entsprechende Reinigungs- und Heizungslösungen für die Sensoren können leicht entwickelt werden. Durch die vollständige Integration der Sensoren wird nicht nur das Risiko der Körperverletzung von Verkehrsteilnehmenden verringert, sondern es gibt auch keinen zusätzlichen Luftwiderstand, sodass die Sensoren „lediglich“ mit ihrem Verbrauch zum Leistungsbedarf beitragen.
Vision Mini
Blickfelds ultrakompakter midrange-Automobil-LiDAR kann mit seinen Abmessungen von nur 5 x 5 x 5 cm nahtlos in das Fahrzeug integriert werden, um eine 360°-Abdeckung zu ermöglichen.
Umfassende Perspektive für die Einführung von autonomen Elektro-Fahrzeugen auf dem Massenmarkt erforderlich
In der Regel dreht sich die Diskussion über autonome Fahrzeuge um Kosten, Leistung und den Software-Stack. Um autonome Fahrzeuge jedoch auf dem Massenmarkt Realität werden zu lassen, ist eine umfassendere Perspektive erforderlich. Die oben genannten Themen stehen nicht immer bei jedem ganz oben auf der Tagesordnung, müssen aber auf jeden Fall berücksichtigt und adressiert werden. Ein Blick auf die Realität zeigt: Die Weiterentwicklung von Sensor- und Verarbeitungstechnologien sowie die Fokussierung auf die 360°-Perspektive ist für autonome Fahrzeuge unabdingbar, um unser Leben sicherer, energieeffizienter und komfortabler zu machen.