Mit den LiDAR-Mythen aufgeräumt – Teil 2

LiDAR-Sensoren haben sich als Schlüsseltechnologie für viele sensorbasierte Anwendungen erwiesen, aber es sind auch viele Missverständnisse und Mythen rund um sie entstanden. Hier ist der zweite Teil der Artikel Serie, der einige der gängigsten Mythen über LiDAR aufgreift und widerlegt.
Florian Petit Blickfeld founder

In den letzten Jahren haben sich LiDAR-Sensoren in verschiedenen Bereichen als Schlüsseltechnologie erwiesen. Ebenso sind rund um die komplexe Technologie aber auch Missverständnisse und Mythen entstanden. Hier ist der zweite Teil der Artikel Serie, der einige der gängigsten LiDAR-Mythen aufgreift und widerlegt.

Den ersten Teil der Serie können Sie hier nachlesen.

1. Mythos: LiDAR bietet die gleiche Privatsphäre wie Kameras

Im Gegensatz zu Kameras zeichnet LiDAR keine Farbinformationen auf. Die Technologie erfasst stattdessen 3D-Abstandsdaten in der Punktwolke und erzeugt so ein anonymisiertes Bild der gesamten Szene unter Wahrung der Privatsphäre.

Mit dem zunehmenden Einsatz von Sensorik im öffentlichen Raum sind auch die Bedenken bezüglich des Datenschutzes gestiegen. So haben Smart-City-Projekte weltweit Kontroversen über die Datenerfassung und -verwendung ausgelöst, die so weit gingen, dass die Europäische Union sogar ein Verbot von Gesichtserkennungstechnologie im öffentlichen Raum in Erwägung gezogen hat, bis die Behörden ihren Einsatz untersuchen und regulieren können.

Diese Bedenken drehen sich hauptsächlich um die Möglichkeit, dass Aufnahmen von Personen erfasst und gespeichert werden könnten, um sie anschließend zur Identifizierung von Individuen durch Gesichtserkennung zu nutzen. Während die Debatte um die Vorteile von Überwachungs- und Identifizierungsanwendungen eine wichtige und komplizierte gesellschaftliche Diskussion ist und sein muss, kann die LiDAR-Technologie einen entscheidenden Part dabei spielen, Datenschutzbedenken auszuräumen.

LiDAR-Mythen widerlegt: Die Daten sind komplett anonym.
LiDAR erkennt zwei Menschen, die sich umarmen, ohne ihre Identitäten preiszugeben

So kann LiDAR Fußgänger, Fahrzeuge und andere Objekte mit einem hohen Maß an Zuverlässigkeit und Präzision erkennen und verfolgen. Dies geschieht mit Hilfe von Algorithmen, die die Punktwolkendaten auswerten. Diese Daten enthalten jedoch keine Farbinformationen, sondern 3D-Abstandsdaten. So entsteht ein anonymisiertes 3D-Bild der gesamten Szene, wodurch der Sensor sich für datenschutzsensible Anwendungen wie Perimetersicherheit, Crowd Management oder Personenzählung ideal eignet.

Mehr darüber, wie LiDAR-Sensoren Daten anonym erfassen und auswerten, können Sie in diesem Blogbeitrag lesen.

2. Mythos: LiDAR ist für das menschliche Auge gefährlich

Jeder erhältliche LiDAR-Sensor muss der Laserklasse 1 entsprechen und ist daher ungefährlich für das menschliche Auge.

Entgegen einer der vorherrschenden LiDAR-Mythen basiert die Augensicherheit bei LiDAR in der Regel auf einer Kombination von Faktoren und nicht nur auf der Wellenlänge des Lasers. So hängt die Sicherheitseinstufung eines LiDAR-Sensors stark von der Spitzenleistung des Lasers ab, die sich wiederum direkt auf die Reichweite der Sensoren für eine bestimmte Wellenlänge auswirkt. Im Allgemeinen ist das menschliche Auge empfindlicher gegenüber Lasern mit einer Wellenlänge von 905 nm. Daher wird dieser spezielle Lasertyp mit niedriger Spitzenleistung betrieben, um im augensicheren Bereich zu bleiben.

Im Gegensatz dazu können LiDAR-Sensoren, die über Laserquellen mit einer Wellenlänge von 1550 nm verfügen, mit einer höheren Leistung pulsen und gleichzeitig innerhalb des augensicheren Bereichs bleiben. Durch die höhere Leistung erreichen diese Sensoren in vielen Fällen eine größere Reichweite als solche, die 905-nm-Laser verwenden. Dies liegt daran, dass die Hornhaut, die Linse und der Kammerwasser- und Glaskörper des Auges Wellenlängen über 1400 nm effektiv absorbieren, wodurch das Risiko einer Netzhautschädigung bei längeren Wellenlängen verringert wird.

Entscheidend für LiDAR-Sensoren ist, dass diese augensichere Kombination von Spitzenleistung im Verhältnis zur Wellenlänge durch die Norm für augensichere Laser der Klasse 1 (IEC 60825-1:2014) definiert ist. Jeder Laserhersteller im Wellenlängenbereich von 180 nm bis 1 mm ist an diese Norm gebunden, wodurch ein sicherer Betrieb garantiert wird. Durch die Einhaltung dieser Vorschrift muss also jeder LiDAR-Sensor sicher sein!

Online sind zahlreiche Diskussionen zu lesen, die debattieren, was passiert, wenn mehrere Fahrzeuge mit LiDAR-Sensoren an einer Kreuzung stehen und mit der gleichen Wellenlänge pulsen. Könnten sich die Lasersignale bündeln und einen Laserstrahl entstehen lassen, der nicht mehr augensicher ist? Theoretisch gesehen ist es möglich, dass sich die Laser sich konstruktiv überlagern und in ihrer Amplitude erhöhen, was bedeutet, dass die Spitzenleistung (Amplitude) der Pulse zunehmen und möglicherweise den augensicheren Bereich übersteigen würde. In der Realität ist dies jedoch praktisch unmöglich. Das liegt daran, dass die anderen LiDAR-Sensoren einen Laserpuls mit einer perfekt abgestimmten Kombination von Faktoren wie Pulsdauer, Divergenzwinkel und Belichtungsrichtung in Bezug auf die Position des menschlichen Auges senden müsste, damit ein hochenergetischer Laser erzeugt werden könnte. Dies macht es sehr unwahrscheinlich, dass sich zwei oder mehr LiDAR-Signale an einem Punkt in Raum und Zeit überschneiden.

3. Mythos: iPhone LiDAR-Sensoren sind gleichwertig mit industriellen LiDAR-Sensoten – zum Beispiel von Blickfeld

Tatsächlich bestehen signifikante Unterschiede in Technologie, Leistungsfähigkeit und Einsatzgebiet zwischen dem LiDAR im iPhone und professionellen LiDAR-Systemen wie der Blickfeld Qb Familie.

Seit Apple 2020 erstmals LiDAR-Sensoren in Consumer-Geräten wie dem iPad Pro und dem iPhone 12 Pro einführte, hat sich viel getan – insbesondere im Hinblick auf Kameraanwendungen, Augmented Reality (AR) und Raumtiefenerkennung. Doch bei aller technologischen Faszination darf man nicht vergessen: Der iPhone-LiDAR ist kein Ersatz für industrielle Scanning-LiDARs, wie sie beispielsweise in der Automobil-, Security-, Logistik- oder Smart-City-Branche eingesetzt werden.

Der LiDAR-Sensor im iPhone nutzt eine sogenannte Flash-LiDAR-Technologie. Dabei wird das komplette Sichtfeld gleichzeitig mit einem breit gestreuten Laserimpuls beleuchtet. Die Sensorik misst die Laufzeit des reflektierten Lichts (Time-of-Flight), um die Entfernung zu Objekten zu bestimmen.

Industrielle LiDAR-Systeme – etwa von Blickfeld – arbeiten hingegen häufig mit Scanning-LiDAR-Technologie. Hierbei wird ein eng gebündelter Laserstrahl gezielt durch das Sichtfeld gelenkt. Das ermöglicht eine deutlich höhere Reichweite und Punktdichte, wodurch detaillierte 3D-Abbilder komplexer Umgebungen entstehen.

Der markanteste Unterschied zwischen einem herkömmlichen LiDAR und einem iPhone-LiDAR ist die Reichweite: Die LiDAR-Nutzung jenseits von Consumer-Produkten erfordert eine höhere Leistung in Bezug auf Reichweite als das iPhone. Auch die Auflösung ist nicht vergleichbar: Scanning-LiDARs liefern mehrere hundert Scanlinien pro Sekunde, mit dichten Punktwolken, die sich für präzise Umweltmodellierung eignen.

Apple hat mit der Integration von LiDAR in seine Consumer-Geräte zweifellos dazu beigetragen, das Bewusstsein für diese Schlüsseltechnologie zu schärfen. Der iPhone-LiDAR verbessert den Autofokus bei schwachem Licht, optimiert AR-Anwendungen und schafft neue Möglichkeiten für mobile Apps.

Aber: Für industrielle Anwendungen, bei denen es auf Zuverlässigkeit, Reichweite, Auflösung und Umgebungsrobustheit ankommt, bleibt der iPhone-LiDAR ein beeindruckendes, aber nicht vergleichbares Werkzeug. Er ist Teil eines wachsenden Ökosystems – aber eben ein anderes Glied in der Kette.

4. Mythos: LiDAR-Sensoren haben wenige Anwendungsbereiche

Vom Fuhrparkmanagement über die Landwirtschaft und den Sicherheitsbereich bis hin zu Smart-City-Anwendungen – den LiDAR-Anwendungen sind keine Grenzen gesetzt!

Obwohl die Integration von LiDAR-Sensoren in iPhones diese Aussage bereits in Frage zu stellen beginnt, gibt es immer noch die allgemeine Wahrnehmung, dass LiDAR eher eine Nischentechnologie ist und nur eine Handvoll Anwendungen hat. Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass die Sensorik in der Mainstream-Presse und in Diskussionen über die Technologie im Allgemeinen nur mit autonomem Fahren in Verbindung gebracht wird. Es stimmt zwar, dass autonomes Fahren ohne LiDAR-Sensoren nicht denkbar ist, aber sie haben auch viele andere Anwendungen, die alle Lebensbereiche berühren.

Beispielsweise in sicherheitsrelevanten Infrastrukturen – etwa an Flughäfen, Kraftwerken oder Industrieanlagen – wird LiDAR zur unsichtbaren, aber hochpräzisen Erfassung von Bewegungen im Außenbereich eingesetzt. Im Gegensatz zu herkömmlichen Kameras ist LiDAR unabhängig von Lichtverhältnissen, erkennt Objekte auch bei Dunkelheit oder Nebel und erlaubt die zuverlässige Klassifizierung zwischen Mensch, Tier oder Fahrzeug. So lassen sich Alarmketten automatisiert und fehlerarm auslösen.

Perimetersicherheit: LiDAR-Sensoren erfassen präzise Personen, die in definierte Zonen eindringen und sorgen somit für eine erhöhte Sicherheit.

In der Bauwirtschaft, im Bergbau oder in der Abfallwirtschaft wird LiDAR zur exakten Volumenberechnung von Schüttguthaufen, Abraumhalden oder Müllbunkern eingesetzt. LiDAR-Systeme erfassen die Geometrie des Haufwerks millimetergenau – ein deutlicher Effizienzgewinn gegenüber manueller Vermessung oder Aufnahmen mit geringerer räumlicher Auflösung. Die präzisen 3D-Daten erlauben eine exakte Abrechnung, optimierte Lagerlogistik und erhöhte Arbeitssicherheit.

LiDAR-Sensoren werden zum Beispiel in der Landwirtschaft genutzt, wo die Sensoren beim automatisierten und autonomen Manövrieren der landwirtschaftlichen Geräte und Fahrzeuge, der Erkennung von Umgebungsbedingungen und der Verfolgung von Aktivitäten wie Aussaat und Düngung zum Einsatz kommen.

In urbanen Räumen hilft LiDAR beim Aufbau intelligenter Verkehrsleitsysteme. Fußgängerströme, Fahrzeugbewegungen oder Fahrradverkehr lassen sich anonymisiert erfassen, um Kreuzungen dynamisch zu regeln, Unfallschwerpunkte zu entschärfen oder die Infrastruktur besser an reale Bewegungsmuster anzupassen.

Andere LiDAR-Anwendungen reichen von der Integration in Drohnen und Lieferroboter bis hin zur Personenzählung und der Steuerung von Menschenmengen.

Dies waren einige der gängigen Missverständnisse und LiDAR-Mythen über die Technologie und ihre Anwendungen. Die Bedeutung von LiDAR-Sensoren für die Zukunft der Technologie ist unbestritten. Und da die Welt in Richtung Automatisierung marschiert, werden LiDAR und seine Anwendungen zweifellos ein regelmäßigerer Teil des Diskurses werden.

Florian Petit Blickfeld founder

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